geboren 1950 in Berlin, ist Liedermacher und Schriftsteller. Er schrieb Texte für Künstler wie Katja Ebstein, Klaus Lage, Herman van Veen, moderierte Rundfunksendungen und verfasste Radio features, u. a. für RIAS Berlin, NDR, WDR und Deutschlandfunk.
Maurenbrecher wurde u. a. mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet. Im be.bra verlag erschien von ihm u. a. der Roman »Grünmantel« (2016).

Vita

ab 1970 die ersten Songs und ein Romanfragment
ab 1973 die ersten Auftritte
1981 Promotion (über Hans Henny Jahnn)
1982 von Herwig Mitteregger (Spliff) eingeschleust in das Profi-Unterhaltungs-Labyrinth, danach 5 LPs mit CBS (Sony), Rundfunktexte, Tourneen solo und mit Band; Songtexte für (u.a.) Spliff, Veronika Fischer, Hermann van Veen und Renan Demirkan; Zusammenarbeit mit Thommie Bayer und Richard Wester. Rundfunkfeatures für (u.a.) RIAS Berlin, NDR, WDR und DLF. Moderation der Unterhaltung am Wochenende im WDR.
1991 Deutscher Kleinkunstpreis (zusammen mit Richard Wester)
1992-98 Soloprogramme und Duoprojekte mit Gerhard Gundermann, Achim Ballert, Gerulf Pannach und Wendelin Haverkamp; 3 Solo-CDs
1995 ff.: Drehbücher zu Folgen der Serie Cobra Elf (RTL).
1996 – 2008 regelmäßiges Mittwochsfazit in Berlin, zusammen mit Horst Evers und Bov Bjerg
1997 – 2010 regelmäßige Mitarbeit bei Ohrenweide, WDR Hörfunk
1998 Liederpreis des Südwestfunks
1998 ff: Mehrere Bühnenstücke mit Richard Wester
1999 ff Jahresendzeit-Programm (mit Bov Bjerg, Christoph Jungmann, Hannes Heesch und Horst Evers)
1999 – 2001 CD-Veröffentlichungen mit dem Mittwochsfazit, PULS und mit Richard Wester
2002 Deutscher Kabarettpreis (Mittwochsfazit)
2003 Mitglied im PEN-Club
2005 Preis der Deutschen Schallplattenkritik für CD Ende der Nacht
2007 Soloprogramm Glück
2008 Ich bin nicht da (Roman)
2009 Solo – und Bandprogramm Hoffnung für alle Liederpreis der Liederbestenliste für das Lied Hoffnung für alle
2010 3fach-CD Maurenbrecher für alle mit 62 Coverversionen (u.a. Reinhard Mey, Ulla Meinecke, Götz Alsmann, Klee, Popette Betancor)
2011 – 18 Solo und Bandprogramme wallbreaker, No Go, Rotes Tuch und flüchtig
2014 Preis der Dt. Schallplattenkritik für CD No Go
2016 Preis der Dt. Schallplattenkritik für CD Rotes Tuch
2016 Liederpreis der Liederbestenliste für das Lied Kiewer Runde
2018 Preis der Dt. Schallplattenkritik für CD flüchtig
2020 Preis der Dt. Schallplattenkritik für CD Inneres Ausland

Foto © Kapuzina

Manfred Maurenbrecher liest aus Der Rest ist Mut, erschienen im be.bra Verlag.

Als einer der bedeutendsten deutschen Liedermacher beschreibt er in diesem Buch seinen Weg in die schillernde Welt der professionellen Popmusik, in die ihn Anfang der 1980er Jahre der Fotograf Jim Rakete und der Spliff-Schlagzeuger Herwig Mitteregger einschleusten.

Maurenbrecher schildert die Atmosphäre eines Jahrzehnts, das geprägt war von so unterschiedlichen Musikern wie Nina Hagen, Pannach und Kunert, Rio Reiser, Ulla Meinecke, Anette und Inga Humpe, Reinhard Mey oder Jürgen von der Lippe, und er berichtet von seinen oft verstörenden Erlebnissen im Zwielicht zwischen Politik und den schrägen Milieus der Musikwelt.

Leseprobe

Mit leichtem Gepäck fuhr ich Anfang Februar ’84 nach Offenburg, wo die ‚Grüne Raupe‘ sich sammelte. Bei dieser Wahlkampfhilfe für die Grünen hatte ich sofort stolz zugesagt. Jetzt war ich früh am Ort, in einem Vier-Sterne-Hotel am Stadtrand, und staunte. In sowas war ich noch nie geraten. In einer Mischung aus Euphorie und Abwehr nahm ich mein großes Doppelbettzimmer mit TV-Wand, Minibar und Wannenbad im zweithöchsten Stockwerk in Beschlag und wanderte dann durch die Gänge, fuhr zurück ins Erdgeschoss zu den Restaurants und Boutiquenlädchen, in den Keller zum Wellness-Segment, Schwimmbad und Sauna, ich kam aus dem Staunen nicht heraus. Das und die Grünen?
Ich begegnete Minne Graw von der Folkband ‚Ougenweide‘, die ich bisher nur von Fotos kannte. Sie kam vom Schwimmen und ich merkte gleich, dass sie mit den Gebräuchen in solchen Gebäuden vertraut war. „Pass auf mit der Minibar“ scherzte sie und schimpfte über eine Steuerprüfung, der die Band ausgesetzt war. Ich hatte kurz vorher zum ersten Mal einen Steuerberater besucht, der zu meinem Abrechnungszettel für 1982 nur gemeint hatte, da müsse man dem Finanzamt aber erklären, wie jemand mit so wenig durchkommt. (…)
Am nächsten Tag war das Hotel in Freiburg so schick wie das vorige, aber schon nicht mehr beeindruckend. Nach einem Stadtbummel stand ich der Halle gegenüber, in der die Grüne Raupe sich winden sollte. Von allen Seiten strömten Menschen hinein, Latzhosenfrauen, langhaarige Freaks, auch Maßkleid- und Anzugträger, aber eine Sorte war besonders auffällig: alte Männer mit wallenden Bärten, bunten Pullovern und Zimmermannshosen, begleitet von Frauen in langen Strickkleidern. Sie kamen in Grüppchen, die Abstand zueinander hielten, waren abgestiegen aus den Hochtälern der schwäbischen Alb, des Schwarzwalds, aus den badischen Ebenen hergewandert mit ihrer Mitgliederschar. Es waren die konservativen grünen Provinzfürsten jener ersten Stunde, in der durchaus noch von der Scholle die Rede war und von Mutter Natur, die es zu schützen galt gegen das Kalkulierte und Seelenlose. Und die sich alle untereinander nicht
grün waren, man konnte das sehen. Heidegger war ihr Vordenker, Baldur Springmann schon ins Rechtsextreme abgewandert, doch seine Gesinnungsgenossen hofften noch, sich diese grüne Partei erhalten zu können.
Eine junge Frau hielt mir vor, dass jemand wie ich, der für die Grünen warb, mir solch einen Beruf ausgesucht hatte, bei dem Reisen das A und O sei: erstens der Energieverbrauch, zweitens die Wurzellosigkeit, beides hochgradig verwerflich. Ich dachte an das Hotelzimmer, in das ich quartiert worden war, und ahnte den Spagat, der dieser Partei noch bevorstand. Ausgerechnet während meines Auftritts in der Stadthalle fiel dann der Strom aus. Vielleicht hatte die Gedankenkraft der jungen Fundamentalistin das bewirkt? Ich ließ den Mut nicht sinken, schob nur das Mikro weg und sang einfach weiter.
Es gab einen kleinen Knall, der Strom war zurück, und ich bekam einen Extraapplaus. Joschka Fischer sprach mich nach Ende der Vorstellung an, ihm hatte mein stoisches Verhalten auf der Bühne gefallen: Ob ich bereit wäre, mehr Aufträge seiner Partei anzunehmen? Ich war schlagfertiger als früher und sagte, dann müssten die Gagen aber steigen. Fischer hob abwehrend die Hände: Daran seien wir Künstler selbst Schuld, er persönlich würde nie für so wenig Geld in den Ring steigen.

CD- und Buch-Veröffentlichungen

1979 LP Trotz und Träume (Eigenverlag)
1981 Subjekt und Körper – Literaturstudie zu Hans Henny Jahnn (Lang Verlag Frankfurt)
1982 LP MaurenBrecher (CBS)
1983 LP Feueralarm (CBS)
1985 LP / CD Viel zu schön (CBS)
1986 LP Schneller leben (CBS)
1989 LP / CD Nichts wird sein wie vorher (CBS)
1989 Buch Fast sowas wie Liebe (Roman, rororo)
1990 Buch Tür zu. Stimmen! (Textsammlung, A-verbal-Verlag)
1991 CD Das Duo live (mit Richard Wester, Monopol)
1995 CD Kakerlaken (Bellaphon) 1997 CD LieblingsSpiele (Bellaphon)
1997 CD Pflichtgefühl gegen Unbekannt (Bellaphon)
1999 CD Weisse Glut (Conträr-Musik / Indigo)
2000 Buch Ballade vom kleinen Doppelleben (Textsammlung, Nora-Verlag)
2001 CD Mittwochsfazit (Live-Mitschnitt (Silberblick-Musik)
2001 CD Hey Du – Nö! (mit Richard Wester, Conträr-Musik/Indigo)
2002 CD Gegengift (Lamu-Musik)
2002 CD Mittwochsfazit II (Silberblick-Musik)
2004 CD Ende der Nacht (Lamu-Musik)
2005 CD Mittwochsfazit III (Silberblick Musik)
2007 CD Glück (Reptiphon)
2008 Buch Ich bin nicht da (Roman, Verlag House of the Poets)
2009 CD Hoffnung für alle (Reptiphon)
2010 CD Maurenbrecher für alle (Reptiphon)
2011 CD wallbreaker (Reptiphon)
2013 CD No Go (Reptiphon)
2013 Buch Das Lügenlied vom Glück (Biografie Veronika Fischer, Co-Autor MM)
2014 CD Klagen ist für Toren …. eine Winterreise (mit Marco Ponce Kärgel) (Reptiphon)
2015 CD Rotes Tuch (Reptiphon)
2016 Buch Die Künstlerkolonie Wilmersdorf (autobiogr. Betrachtung)
2017 CD flüchtig (Reptiphon)
2018 Buch & Hörstick Der Lichtenberger (Eigenproduktion, / Satyr Vlg)
2019 Buch Grünmantel (Roman, be.bra Verlag)
2020 CD Inneres Ausland (Reptiphon)
2021 Buch Der Rest ist Mut. Vom Liedermachen in den Achtzigern (Autobiograf.Erzählung, be.bra Verlag)