1951 in Leipzig geboren, 1978-1982 Studium am Institut für Literatur „J.R. Becher“ in Leipzig. Seit 1978 zahlreiche Veröffentlichungen: Liedtexte, Lyrik, Literaturkritik, Kinderbuch, Prosa und Publizistik. Stipendien in D, NL, HU, USA; Auszeichnungen u.a. Menantes-Preis für erotische Dichtung und Irseer Pegasus. Lesereisen nach Frankreich, Polen, Ungarn, in die USA u. Slowakei. Einladungen zu internationalen Poesiefestivals (u.a. Korfu, Paris, Struga); Veröffentlichungen in deutschsprachigen Anthologien und Zeitschriften und des Auslands (Frankreich, Griechenland, Kroatien, Luxemburg, Mexiko, Österreich, Russland, Sowjetunion, USA). 1996-2021 Vorsitzender der internationalen Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V., jetzt ihr Ehrenvorsitzender; ab 2000 Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland; 2006-2021 Herausgeber der Zeitschrift „Poesiealbum neu“.

Jüngere Werke: „Die Saison ist eröffnet. Neue Gedichte“ (2016); Hörbuch „Bienen über Brooklyn. Texte zu Amerika“ (2016); Roman „Herbstjahr“ (2019); Erzählband „Leipziger Geschichten“ sowie  Filmessay „Eine Brücke wie keine andere“ (beide 2020); „Enthält Kunstplatzierung. Gedichte & Miniaturen“ (2021); „Lieblingsplätze Sachsen“ (Kultur- und Reiseführer 2022); Roman „Lisa, siebzehn, alleinerzogen“ (2022).

Foto © Torsten Hanke

Leseprobe

Mein Buch „Leipziger Geschichten“, das ich nach Cottbus mitbringen werde, beginnt, wie passend für dieses Festival, auf einer Parkbank:

Niemandslicht

Hagenuck saß klein und schmächtig auf der Parkbank. Mit dem Kopf hatte er sich in die Jacke zurückgezogen. Er fror und heizte seinem Körper schluckweise aus einer Taschenflasche ein.

Die Männer, die nach der Arbeit ihre Hunde durch die Parkanlage führten, hielten in Höhe von Hagenuck die Leinen kurz, was die Hunde aufjaulen ließ. Hagenuck verspürte große Lust zurückzujaulen, als könne er sich durch Hundelaute mitteilen. Kein Wort hatte er an diesem Tag und bis zu dieser Stunde mit einem Menschen ge­wechselt. Warum also nicht ein wenig mit den Hunden hecheln oder bellen aus voller Brust.

Unlängst fragte mich ein Journalist, was für mich der typische Leipziger ist. Ich gab ihm diese Antwort:

Natürlich ist „der Leipziger“ ein Klischee und wurde von Hans Reimann und Lene Voigt bis zu Bernd Lutz-Lange ausgiebig beschrieben.
Menschen aus meiner Kindheit wie die „Schalen-Else“, die für ihre Tiere auf den Höfen in unserem Viertel aus Kübeln Futter sammelte und von der es hieß, sie habe 40.000 DDR-Mark hinterlassen und keinen Erben gehabt, oder der Bürstenbinder, dem ich vom elterlichen Wohnzimmerfenster aus bei der Arbeit zusehen konnte, oder Frau Sauermann, bei der wir nach der Schule Gummischlangen kauften, haben mein Bild des „Leipzigers“ geprägt, um nur drei von ihnen zu nennen. Heute habe ich in meinem Umfeld vor allem Wahlleipzigerinnen und Wahlleipziger, und sie haben auf ihre Art für eine kreative Durchmischung gesorgt und diese fußläufige grüne Stadt bewusst als Lebensort gewählt. In meinem Buch „Leipziger Geschichten“ von 2020, eines, dessen Präsentation (das ging drei anderen Neuerscheinungen von mir ebenso) der ausgefallenen Buchmesse zum Opfer fiel, habe ich versucht, meine ganz eigenen Leipziger zu „erschaffen“. Und das gilt auch für das „Personal“ meiner früheren Gedichtzyklen wie die „Hanne Luhs“ oder „Die Stanzerin“ und das meiner Romane.